Graubündner Kantonalbank

Entscheidende Tage stehen bevor.

Datum: 31.10.2022 
Autor: Daniel Lüchinger

Hohe Inflation, drastische Zinserhöhungen, enttäuschendes Wachstum und geopolitische Turbulenzen prägten das Jahr bis anhin – ein steiniger Weg für die Weltwirtschaft. Die Finanzmärkte bekamen dies zu spüren.

 

«Wir bleiben für die Aktienmärkte vorsichtig gestimmt.»

 

Nach starken Aufwärtsmärkten in den letzten zwei Jahren notieren globale Aktien in diesem Jahr um über 20 Prozent im Minus (in USD). Auch für globale Anleihen, die in turbulenten Marktphasen üblicherweise für Stabilität sorgen, war es eines der schwächsten Jahre. Wie geht es nun weiter? In den kommenden Tagen stehen einige Ereignisse an, welche für die weitere Entwicklung der Finanzmärkte von Bedeutung sind.

Die US-Notenbank Fed trifft sich diese Woche zur Lagebeurteilung. Es wird eine Zinserhöhung von 75 Basispunkten erwartet. Danach wird der Leitzins bei 4 Prozent liegen. Damit befindet er sich im oberen Band und klar im restriktiven Bereich. Den neutralen Zinssatz, bei dem die Wirtschaft weder gebremst noch angeschoben wird, sieht die Fed bei 2.5 Prozent. Sie wird sich somit auch Gedanken machen, wie stark sie die Leitzinsen noch anheben will. Fest steht, dass dieses hohe Tempo bei den Zinserhöhungen nicht unbegrenzt weitergehen kann. Wir erwarten deshalb diese Woche bereits erste Hinweise darauf, dass in Zukunft kleinere Zinserhöhungen anstehen.

Allerdings besteht ein gewisses Risiko, dass sich die Inflation hartnäckiger zeigt als erwartet. Hierbei spielt die Entwicklung am Arbeitsmarkt eine zentrale Rolle. Steigende Löhne können die Teuerung hoch halten. Zwar ist in den USA die Zahl der offenen Stellen seit dem Hoch im Frühling um fast 2 Millionen gefallen, mit über 10 Millionen ist sie jedoch immer noch auf einem sehr hohen Niveau und nähert sich nur langsam einem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage an. Die Ende dieser Woche anstehende Publikation der Arbeitsmarktzahlen wird deshalb mit Spannung erwartet.

Nächste Woche schliesslich steht die Veröffentlichung der US-Inflationszahlen an. Diese werden insbesondere die Erwartungen an den geldpolitischen Kurs der Fed beeinflussen. In Europa ist die Inflation im Oktober erstmals seit der Einführung des Euro über die Marke von 10 Prozent geklettert. Dieser weitere und unerwartet starke Anstieg der Inflation zeigt, dass die Europäische Zentralbank mit ihren Zinserhöhungen noch nicht am Ziel angelangt ist.

Ebenfalls nächste Woche finden in den USA die Zwischenwahlen statt – in der Vergangenheit eine grosse Herausforderung für die Partei des amtierenden Präsidenten. Mit wenigen Ausnahmen kam es jeweils zu deutlichen Sitzverlusten und damit zu einem Wechsel der Partei, welche den Kongress dominiert. Die Ausgangslage für die Demokraten ist in diesem Jahr schwierig. Nebst Geldpolitik und Konjunktur sind die Zwischenwahlen zwar eher ein Nebenschauplatz an den Finanzmärkten, ein gewisses Potenzial als «Störfaktor» bieten sie trotzdem.

In der Summe sind wir für die Aktienmärkte nach wie vor vorsichtig gestimmt. In der kurzen Frist rechnen wir mit anhaltendem Gegenwind – wobei positive Überraschungen ebenfalls nicht auszuschliessen sind. Jetzt gilt es, Ruhe zu bewahren. Bleiben Sie also investiert.

 

Gemeinsam wachsen.