«Geldpolitik: Bald wieder Negativzinsen in der Schweiz?»

Datum: 17.03.2025 

​​​​​​​​Gemeinsam mit Fabio Canetg, Geldpolitik-Experte und Wirtschaftsjournalist, werfen wir in der aktuellen Ausgabe des GKB Anlage-Fokus einen Blick auf die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB.​

​«Die SNB hat noch etwas Spielraum für weitere Zinssenkungen.»


Am Donnerstag steht der erste Zinsentscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in diesem Jahr an. Der Leitzins interessiert uns alle – er hat einen entscheidenden Einfluss auf die Börse, aber auch auf die Mietzinsen und den Schweizer Franken. Gemeinsam mit Fabio Canetg, Geldpolitik-Experte und Wirtschaftsjournalist, werfen wir einen Blick auf die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB.


Zuletzt hat die SNB den Leitzins viermal in Folge gesenkt. Fabio Canetg, stehen uns schon bald wieder Negativzinsen bevor?

Ich denke nicht, dass wir in der Schweiz schon sehr bald wieder Negativzinsen sehen werden. Der Leitzins liegt aktuell ja noch bei 0.5 Prozent – die SNB hat somit noch etwas Spielraum für weitere Zinssenkungen, bevor der Zins wieder ins Negative drehen würde. Aber: Die meisten Geldpolitik-Expertinnen und -Experten erwarten nochmals mindestens eine Zinssenkung auf 0.25 Prozent. Und das ist auch meine Erwartung. Die Wirtschaft in der Schweiz läuft zwar, aber nicht übermässig gut. Dies hat einerseits mit Deutschland zu tun, denn unser Nachbarland befindet sich seit fünf Jahren in einer Stagnation. Andererseits spielt die Inflation in der Schweiz eine Rolle. Diese liegt aktuell bei tiefen 0.3 Prozent – mit einer weiteren Zinssenkung könnte die SNB die Inflation über null Prozent halten.


Was müsste aktuell passieren, damit die SNB den Leitzins wieder anhebt?

Prognosen sind schwierig – deshalb denke ich gerne in Szenarien. Und ein Szenario ist: US-Präsident Donald Trump lässt seinen Handelsstreit eskalieren. Es ist nicht ganz offensichtlich, aber dies könnte Auswirkungen bis nach Graubünden haben. Denn wenn US-Unternehmen plötzlich deutlich höhere Zölle auf Vorprodukte bezahlen müssten, welche sie in der Produktion benötigen – beispielsweise auf Aluminium für die Herstellung von Notebooks – dann würde die Produktion in den USA teurer. Und das würde sich dann auch bei uns bemerkbar machen, weil dann das Notebook aus den USA teurer würde. Das könnte zu höherer Inflation führen, und allenfalls Zinserhöhungen der SNB nötig machen. Das allerdings ist nur eines von vielen möglichen Szenarien – und aus meiner Sicht nicht das wahrscheinlichste; aber man sollte es trotzdem im Auge behalten.


Wieso unterscheidet sich die schweizerische Zinspolitik aktuell so stark von ihren europäischen und amerikanischen Pendants?

Dies hängt mit der Inflation zusammen, welche in der Schweiz deutlich tiefer ist als im Ausland. Während die Inflation in den USA und in der Eurozone noch immer deutlich über dem Ziel der jeweiligen Zentralbanken von zwei Prozent liegt, versucht die SNB die Inflation von unten her zu stabilisieren, damit sie über null Prozent bleibt. Entsprechend sind die Zinsen in den USA und in der Eurozone deutlich höher als in der Schweiz. Ein Grund für die tiefe Inflation in der Schweiz ist die SNB selbst: Sie ist bekannt dafür, gegen eine zu hohe Inflation rigoros vorzugehen. Und diese Reputation führt auch dazu, dass die Preise in der Schweiz mittelfristig weniger stark steigen als im Ausland.



Gemeinsam wachsen.