«Die Marktbewertung von Nvidia ist
beeindruckend. Doch bisher untermauert das solide Geschäftsmodell dieses
Wachstum.»
Chip-Hersteller Nvidia hat Anfang dieser Woche die Aktien im Verhältnis 10 zu 1 gesplittet – die Aktie erlebt einen gewaltigen Lauf. Jens Korte, wie aussergewöhnlich ist das?
Es ist selten, dass eine Aktie so rasch so viel höher bewertet wird, wie es bei Nvidia der Fall ist. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte das Unternehmen erstmals eine Bewertung von einer Billion US-Dollar. Im März dieses Jahres waren es 2 Billionen US-Dollar und vergangene Woche hat Nvidia dann die 3 Billionen Dollar-Marke erreicht. Es sind jetzt drei Unternehmen, die eine Bewertung von über 3 Billionen US-Dollar erreicht haben – nämlich Microsoft, Apple und Nvidia. Die Dominanz, welche diese drei Unternehmen auf dem Gesamtmarkt haben, ist nicht unbedingt gesund. Sie machen zusammen rund 20 Prozent der ganzen Marktbewertung am S&P 500 Index aus.
Könnte diese Dominanz zu einem Problem für die Wall Street werden?
Microsoft, Apple und Nvidia haben sehr solide Geschäftsmodelle, deshalb stufe ich die aktuelle Situation nicht als problematisch ein. Es gab immer wieder Phasen, in welchen einige wenige Unternehmen dominant waren. Aber diese Dominanz war nie langlebig – und das wird sie auch jetzt nicht sein. Wann der Bogen überspannt ist, lässt sich aber nicht abschätzen. Die Geschwindigkeit, mit welcher Nvidia gewachsen ist, ist aussergewöhnlich. Jetzt werden auch die Wettbewerbsbehörden aktiv. Sie werden untersuchen, ob Microsoft, Nvidia oder OpenAI im Bereich Künstliche Intelligenz gegen das Wettbewerbsrecht verstossen. Aber: Solche Untersuchungen dauern, und falls es ein Urteil geben sollte, wird Berufung eingelegt.
Wechseln wir von der virtuellen in die reale Welt: Was zeigen die aktuellen US-Arbeitsmarktdaten? Und wann folgen die Amerikaner den Europäern mit der ersten Zinssenkung?
Vor einigen Tagen wurden die Arbeitsmarktzahlen kommuniziert, und die waren stark. Es gab 272'000 neue Jobs im Mai, das sind über 100'000 Stellen mehr als im Vormonat. Ausserdem sind die durchschnittlichen Stundenlöhne gegenüber dem Vorjahr stärker als erwartet gestiegen, nämlich um 4.1 Prozent. Die erste Reaktion an der Wall Street widerspiegelte die Einschätzung, dass es in den USA wohl vor September keine Zinssenkungen geben wird. Was man aber nicht ausser Acht lassen darf, ist die Arbeitslosenquote. Diese ist im Mai auf 4 Prozent gestiegen. Zwar ist sie damit nur geringfügig höher als im Vormonat, hat aber zum ersten Mal seit Januar 2022 wieder die 4 Prozent-Marke erreicht. Weitere Arbeitsmarktzahlen, zum Beispiel aus der Privatwirtschaft, zeigten noch Wachstum, jedoch nicht mehr ein so starkes. Trotzdem: Auch wenn die Europäische Zentralbank der Schweizerischen Nationalbank mit einer Zinssenkung gefolgt ist, sieht es in den USA momentan noch danach aus, dass vor Herbst nichts geschehen wird.