Die Rekorde an den amerikanischen Aktienmärkten stehen im Kontrast zur politischen Lage im Land, und das jüngste TV-Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump lässt Fragen offen. Jens Korte, warum spielt das an den Märkten keine Rolle?
Die Aktienindizes S&P 500 und Nasdaq Composite liebäugeln schon wieder mit neuen Rekordmarken. Nach dem Sprichwort «Politische Börsen haben kurze Beine» sollte die Politik keinen starken Einfluss auf das Geschehen an der Wall Street und auf die New Yorker Börse haben. Aber es ist zurzeit sehr turbulent und es gibt grosse politische Unsicherheiten. Eigentlich nichts Gutes für die Wall Street und die Aktienmärkte. Ausserdem gab es Hinweise von wichtigen Geldgebern der Demokraten, welche angedeutet haben, ihr Geld bis zu den Wahlen zurückzuhalten, wenn Biden nicht zurücktritt. Die Convention der Demokraten ist erst Mitte August. Ob es vorher schon zu einer klaren Unterstützung für Joe Biden kommt, ist unklar. Wie kalt dies die Wall Street – zumindest auf dem Kurszettel – lässt, ist überraschend.
Wer ist denn für die Wall Street der Wunschkandidat?
Die Wall Street umfasst ein weites Feld. Da sind unter anderem Trader, Investmentbanker, Hedgefonds-Manager und viele mehr. Die Händler sind sehr konservativ und wählen grundsätzlich republikanisch. Investoren haben die Hoffnung auf weitere Steuersenkungen, sollte Donald Trump gewählt werden. Ausserdem hoffen sie, dass die Regulierung weiter zurückgefahren wird. Wobei als Trump 2016 gewählt wurde, hat so gut wie niemand damit gerechnet – auch Trump selbst nicht. Er kam im Januar 2017 also ziemlich unvorbereitet ins Amt. Das ist jetzt anders. Trump ist siegessicherer und besservorbereitet. Ob die Wall Street dann wirklich zufrieden damit ist, was sie 2025 im Weissen Haus erwartet, wird sich zeigen.
Wie gross ist der Einfluss des amerikanischen Präsidenten auf die Wirtschaft und wie ist die aktuelle Lage im Hinblick auf die Wahlen?
Die Wirtschaft ist sowohl unter Trump als auch unter Biden gut gelaufen. Ob und wenn ja welchen Einfluss der Präsident auf die Wirtschaft hat, ist Teil einer grossen Debatte. Die neuesten Zahlen vom amerikanischen Arbeitsmarkt zeigen eine leicht gestiegene Arbeitslosenquote von 4.1 Prozent. Immer noch ein tiefer Wert, aber es ist die höchste Arbeitslosenquote seit November 2021. Die aktuellen Zahlen aus dem Dienstleistungssektor, auch eine entscheidende Industrie hier in den Vereinigten Staaten, zeigen einen massiv eingebrochenen Wert von unter 50 Punkten. Das bedeutet ein rückläufiges Wachstum und den tiefsten Stand seit 2020. Die amerikanische Wirtschaft kühlt demnach ein wenig ab. Das kommt für Joe Biden im momentanen Wahlkampf etwas ungelegen. Aber: Bis November vergeht noch einige Zeit.